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Rollen einer Frau: Selbst sein – Ich

Die Last der vielen Rollen einer Frau

Vor ein paar Tagen hatten wir in der Arbeit eine unserer regelmäßigen Intervisionen. Wir kamen auf das Thema Rollen zu sprechen und wie viel Platz einzelne Rollen in unserem Leben einnehmen, sodass für die restlichen oft kaum noch Raum bleibt. Das hat mich nachdenklich gemacht.

 

Wir machten dazu ein kleines Experiment: Wir stellten uns eine Frauenschablone vor und füllten sie gedanklich aus. Jede Rolle bekam sozusagen ihren Platz in dieser Schablone. Und während wir das taten, wurde mir bewusst: Da bleibt ja kaum Raum für alle meine Rollen! 

Ein wenig später, auf dem Heimweg im Auto, wurde mir klar: Ich könnte keiner meiner zahlreichen Rollen jemals wirklich gerecht werden.

Was für ein bedrückender Gedanke! Und gleichzeitig spürte ich: Vielleicht steckt hinter dem bedrückenden Gedanken doch etwas Schönes.

 

Möglicherweise kennst du dieses Gefühl auch. Du drehst dich zwischen den vielen Rollen – Mutter, Tochter, Arbeitnehmerin, Freundin und denkst dir: „Es reicht nie. Ich reiche nie.“ Versagen scheint irgendwie vorprogrammiert zu sein.

 

Aus diesem Grund schreibe ich diese Blogreihe. In 6–8 Teilen möchte ich mit dir gemeinsam auf die Rollen einer Frau schauen. Natürlich kann ich nicht das ganze Spektrum abdecken und jede einzelne Rolle ausschließlich allein betrachten, aber wir wollen uns den gängigsten Rollen widmen: den Herausforderungen, den Schätzen – und vor allem Gottes Blick darauf.

Und heute beginnen wir mit einer Rolle, die jeder anderen zugrunde liegt: Selbst sein. Ich.

Wann bist du wirklich du?

Wann bist du eigentlich nur du?

Wie spürst du, dass du in einem Moment ganz bei dir selbst bist? Und was bedeutet dieses Ich überhaupt?

 

Wenn ich ehrlich bin, bin ich selten „nur ich“. Meistens trage ich den Rock der Arbeitnehmerin oder den Anzug der Mutter. Und doch: Selbst in all diesen Rollen schwingt immer auch etwas von meinem eigentlichen Ich mit. Aber es gibt Momente, da bin ich wirklich nur ich. Nackt – ohne Anzug, Rock oder Latzhose.

 

Einer dieser Momente ist meine stille Zeit am Morgen. Seit über einem Jahr stehe ich unter der Woche um 4 Uhr morgens auf. Für viele klingt das nach einer Strafe. Für mich ist es der reinste Segen. Denn in dieser Zeit bin ich ganz ich. Da tue ich das, was mir am wichtigsten ist: Zeit mit Jesus verbringen.

 

Früher habe ich mir oft vorgenommen, mit Jesus Zeit zu verbringen, aber abends war ich meist zu müde, die Bibelverse verschwammen vor meinen Augen, aber tagsüber war einfach zu viel los. Seit ich mich bewusst entschieden habe, meinen Tag so früh zu starten, hat sich vieles verändert.

Selbst sein ohne Rolle

Begegnung mit Jesus

Jetzt denkst du dir vielleicht: „Aber wenn du die Zeit mit Jesus verbringst, bist du dann nicht auch wieder in einer Rolle?“

 

Weißt du, was das Wunderbare ist? In dieser Zeit bin ich in gar keiner Rolle. Ich muss nichts leisten. Ich darf einfach so sein, wie ich bin, denn er kennt mich sowieso besser, als ich mich selbst.

Natürlich spreche ich mit ihm über Themen, die mich als Mutter, Frau oder Arbeitnehmerin beschäftigen. Aber ich habe keine Erwartungen zu erfüllen, keine Verantwortung, die auf meinen Schultern lastet. Ich bin einfach nur vor ihm. Als Mensch.

Ein Mensch, der fühlt. Ein Mensch, der Sehnsucht nach wahrer Liebe hat. Sehnsucht danach, angenommen und geliebt zu sein. Ein Mensch, der gehalten und gesehen werden möchte. Und das tut er.

Meine Ich-Selbst-Zeit mit Gott

Die ersten Wochen mit meiner stillen Zeit – meiner „Ich-Selbst-Zeit“ – waren unglaublich bewegend. Statt todmüde zu sein, merkte ich schnell, wie lebendig ich mich fühlte. Mein Kopf war klarer, meine Seele ruhiger, und es war so erfüllend, schon am frühen Morgen mit Gottes Wort und Wahrheit aufzutanken.

Ich schreibe Tagebuch, reflektiere, bete und lese in der Bibel. Es ist kein Gesetz für mich geworden, wenn es einmal morgens nicht klappt, ist das auch in Ordnung. Aber ich merke: Dann fehlt mir etwas. 

In diesen morgendlichen Stunden habe ich so viel über mich selbst gelernt. Aber noch viel mehr habe ich über Gott gelernt. Und ich darf ihn immer weiter besser kennenlernen. Und je besser ich ihn kenne, desto mehr kann ich mit mir selbst im Reinen sein, weil er mit mir dank Jesus im Reinen ist.

Ich muss nichts mehr leisten. Keine Erwartungen erfüllen. Jesus hat bereits alles erfüllt und vollbracht (vgl. Hebräer 10,14).

Bei Jesus finde ich mein wahres Selbst

Eines bin ich inzwischen sicher: Mein wahres Selbst finde ich nicht in mir. Ich finde es bei Jesus. Er ist der Einzige, der mich ganz kennt – meine Sehnsucht, meine Verletzlichkeit, meine Stärken und Schwächen.

Ein Bild hilft mir, das zu verstehen:

Stell dir vor, du stehst in einem Raum voller Spiegel. Jeder Spiegel zeigt dich ein wenig verzerrt. Der Spiegel der Arbeit sagt dir, dass du nur so viel wert bist wie deine Leistung. Der Spiegel der Familie zeigt dir, ob du eine „gute Mutter“ bist oder nicht. Der Spiegel der Gesellschaft legt dir den Filter der Schönheit und des Erfolgs über. Aber keiner dieser Spiegel zeigt die Wahrheit.

Dann tritt Jesus in den Raum. Er schaut dich an – nicht durch die Spiegel, sondern direkt. Sein Blick ist klar, voller Liebe, ohne Verzerrung. Und in diesem Blick erkennst du dich selbst, so wie du wirklich bist: gesehen, gewollt, geliebt.

Darum glaube ich: Wenn wir unser Selbst suchen, dann finden wir es einzig bei Jesus. In dem wir ihn sehen, sehen wir unsere Identität – unser wahres Ich. Nicht in Rollen, nicht in Erwartungen, sondern in seiner Gegenwart.

Praktische Tipps für dein Selbstsein im Alltag

Ich glaube, jede von uns braucht diese Momente, in denen wir einfach nur wir selbst sind. Momente, in denen wir nicht funktionieren müssen, keine Rolle erfüllen, keine Erwartungen abarbeiten.

 

Vielleicht fragst du dich: Wie finde ich solche Momente, in denen ich einfach nur ich selbst bin?

Für dich sieht das vielleicht ganz anders aus als für mich. Es muss nicht die stille Zeit um 4 Uhr früh sein. Vielleicht findest du dich selbst in Jesus, wenn du im Wald spazieren gehst, Musik hörst oder dir bewusst zehn Minuten Stille gönnst, während die Kinder schlafen. 

Die Form ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass du einen Raum findest, in dem du dich wieder spürst und dich von Gott anschauen lässt. Denn er sieht dich als dich und ruft dich bei deinem Namen (vgl. Jes 43,1).

Diese Worte erinnern mich immer wieder daran: Mein Wert hängt nicht davon ab, welche Rolle ich gerade gut oder schlecht erfülle. Mein Wert liegt darin, dass ich von Gott gesehen und gerufen bin.

Es müssen nicht die frühen Morgenstunden sein. Jeder Alltag sieht anders aus, aber kleine Schritte können einen großen Unterschied machen.

Hier ein paar Ideen, wie du Räume für dein Selbstsein schaffen kannst:

  • Stille suchen: auch wenn es nur fünf Minuten sind – einmal tief durchatmen, Handy weglegen und bewusst in die Ruhe gehen.
  • Schreiben: ein paar Gedanken ins Tagebuch oder ein Gebet auf Papier festhalten.
  • Natur erleben: ein kurzer Spaziergang, barfuß durchs Gras oder den Himmel anschauen.
  • Gebet im Alltag: im Auto, beim Kochen, im Chaos. Gott einen kurzen Gedanken hinhalten.
  • Ehrlich sein: dir selbst erlauben zu fühlen, was gerade da ist – Freude, Müdigkeit, Sehnsucht.

Vielleicht magst du auch einmal etwas ganz Praktisches ausprobieren: Nimm dir einen Moment, atme tief durch und stell dir vor, welche Rolle du gerade trägst. Die Kleidung einer Mutter, die Jacke einer Arbeitnehmerin, die Schuhe einer Freundin. Dann stell dir vor, wie du diese Kleidungsstücke Stück für Stück ablegst. Bis nur noch du selbst vor Gott stehst.

Vielleicht spürst du dabei den Impuls: Darf ich so nackt vor Gott stehen? Ist das nicht falsch, vielleicht sogar gotteslästerlich? Wenn es dir so geht, empfehle ich dir, die ersten Kapitel der Bibel zu lesen (1. Mose 2–3). Dort sehen wir Adam und Eva, die „nackt und ohne Scham“ vor Gott lebten, bevor die Sünde Scham und Verstecken in die Welt brachte.

Genau dorthin lädt Gott uns zurück: in seine Gegenwart, wo wir ohne Masken und Rollen vor ihm sein dürfen.

Mein persönliches Fazit: Identität bei Jesus finden

Was ich in meiner stillen Zeit gelernt habe: Manchmal müssen wir alte Rituale loslassen, um Platz für neuen Segen zu schaffen. Für mich bedeutete das, die Vorstellung von Abendzeiten mit Jesus loszulassen und stattdessen früher ins Bett zu gehen und früh morgens aufzustehen. Für dich sieht das vielleicht ganz anders aus. Und das ist gut so.

Das Entscheidende ist: In dem wir ihn sehen, erkennen wir uns selbst. Bei ihm finden wir unsere Identität. Und in seinem Blick dürfen wir einfach wir selbst sein.


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